Neues Spielzeug, neues Glück!

Das Urlaubsfieber steigt, am Samstag geht’s los. Eine Woche später soll dann der Regen (Nebenfluss der Donau) ein Stück weit durchschwommen werden. Dafür habe ich mir ein neues Spielzeug besorgt: einen dry bag von chillswim. Letzten Sonntag habe ich den schon mal schnellgetestet. Letztes Wochenende war ich überhaupt recht fleißig. Für Sonntag hatte ich schon länger eine Tour zum Breitenauer See geplant und im Verein angekündigt. Weil meine Frau am Samstag unterwegs war, habe ich die ganze Runde schon mal geübt. Samstag habe ich auf dem Rad richtig Stoff gegeben. Hinzu war das noch nicht wirklich ein Problem. Am See habe ich die Schuhe, den Helm und das Trikot ans Rad gekettet, Mütze und Brille aufgesetzt und bin einmal um den See gepaddelt. Der Rückweg war dann schon mühsamer, vor allem die ersten sechs Kilometer in der prallen Sonne bergauf. Abends waren die Beine mächtig lädiert und ich war nicht sicher, ob ich das gleiche Pensum anderntags noch mal durchstehen würde. Aber ich hatte Thomas bereits zugesagt und durfte nicht kneifen. Thomas kam sonntags überpünktlich an, gab sein Täschchen ab und wir radelten los. Sonntag hatten wir nämlich wieder den Luxus eines service car! Nachdem ich das Schwimmtraining dieses Jahr konsequent geschwänzt habe, hatte ich Thomas nie zuvor getroffen. Er ist aber topfit (kein Wunder bei dem Alter) und klebte penetrant an meinem Hinterrad. Am See trafen wir noch Tim + family. Nur mein Anhang schwächelte, das service car hatte mächtig Verspätung. Verständlich, denn die Gattin hatte die Nacht durchgebetet und es war schon toll, dass sie überhaupt diesen Part übernahm. Als sie ankam, hatten wir alle unsere Schwimmklamotten und konnten loslegen. Thomas ging ab wie eine Rakete, Tim hinterher und ich musste wieder abkürzen, um dran zu bleiben. Nach einer Stunde waren wir wieder am Ufer und machten Picknick. Kurz danach radelten Thomas und ich zurück. Zu meiner Erleichterung wurde er, obwohl immer noch am Hinterrad klebend, gegen Ende der Tour etwas einsilbiger als zu Anfang.
Gestern gab es eine Herausforderung besonderer Art. Eine Geschäftreise führte mich nach Wetzlau an der Lahn. Unterbringung war in einem romantischen Hotel direkt am Flüsschen. [Anmerkung des Übersetzers: die Mitreisenden waren ältere Männer.] Ich hatte schon mal alle Utensilien für einen swim & run mitgenommen, aber keine Ahnung von der Wassertemperatur. Eine Anfrage auf fb hatte die vage Antwort „3,5cm“ ergeben. Als wir ankamen, faselte der Concierge was von 14,5°, im Mühlkanal 16°. Dummerweise hatte ich den älteren Männern in meiner Begleitung schon von meinem Vorhaben berichtet und stand daher irgendwie unter Druck. Mit mulmigem Gefühl packte ich mein Thermometer und ging messen. Das Thermometer zeigte zunächst relativ korrekt die 24°C Lufttemperatur. Nachdem ich den Sensor ins Wasser geworfen hatte, ging die Anzeige wie erwartet runter bis 19,4. Dann sprang sie auf 38. Dann wieder 19. Phantastisch! Das Ding war entweder hinüber oder die Batterie platt. Die Digitalmessung (Finger ins Wasser) bestätigte in etwa die 19°, also schwimmbar. Ich ging zurück ins Hotel. Sagte den Kollegen, dass ich nicht mit zum Essen käme, weil ich einen swim & run machen wollte. Damit war ich festgenagelt und musste da durch. Egal, welche Leistungen ich aufzuweisen hatte, egal, wie sofakartoffelhaft die Jungs lebten, wenn ich jetzt kniff, wäre ich für den Rest der Laufzeit meines Dienstvertrags unten durch. Ich sammelte also die Klamotten ein, stellte fest, dass ich den Garmin im Büro gelassen hatte und ging wieder runter zum Fluss. Am Einstieg packte ich meine Klamotten in den Beutel und schnallte den Gürtel um, genau wie in dem Video oben. (Die action cam hatte ich auch zu hause vergessen). Ich stieg in die Lahn und konstatierte erleichtert, dass die Temperatur eher an den von mir gemessenen/gefühlten 19° lag als an den vom Portier behaupteten 14. Ich schnallte den Gürtel des dry bag enger und schwamm los.
Auf den ersten 100 Metern war meine größte Sorge, den Beutel zu verlieren. Schnell lernte ich, dass man bei sauberer Wasserlage mit dem Popo den Beutel fühlen kann, ansonsten verhält sich der absolut unauffällig. Ich kann das Teil wirklich empfehlen. Auf den nächsten 1.700 Metern lernte ich, dass 1.800 Meter im Wasser sich länger anfühlen, als sie auf Google Earth aussehen. Ich hatte mir den Verlauf bis zum geplanten Ausstieg überschlägig eingeprägt, was eine große Hilfe war. Nach einer langen Geraden mit Rechtsknick ging es um eine scharfe Rechtskurve mit Bäumen am rechten Ufer. Danach kamen zwei Linksbögen, eine breitere Stelle und dann der Ausstieg. Eigentlich ein Klacks. Aber wie immer im Ausdauersport spielt sich das Drama im Kopf ab. Erst mal stellte ich mir vor, was in dieser trüben Brühe wohl rumschwimmen könnte. Erinnerungen an Zeitungsberichte von Bruno, dem Killerwels (dessen Leibspeise aus Dackeln (Dachshunden) bestand) mischten sich mit aktuellen Meldungen über kastrationsfreudige Raubfische, die den Weg in nordeuropäische Gewässer gefunden hatten. Und wo war noch mal die Geierschnabelschildkröte ausgebüxt? Immerhin lenkten diese Gedanken von der ungewohnten Kälte ab. Ich schwimme ja normal mehr im Becken, oder mit Neopren. Zwar bewundere ich Extremschwimmer wie Bruno „Orca“ Dobelmann oder Christof Wandratsch, eifere ihnen aber nicht unbedingt nach. Ich hielt inzwischen bewusst die Schlagzahl hoch, um die Durchblutung in Gang zu halten. Richtig schlimm war es nicht, auch gelegentliche Sowosama-Pausen überlebte ich ohne Erfrierungen. Die dichte Ufervegetation hätte einen Notausstieg allerdings erheblich erschwert. Aber alles in allem fühlte ich mich gut, genoss die Aussicht durch die Uferbewachsung auf die tief stehende Sonne und grüßte Gassigeher und andere Spaziergänger am Ufer. Im zweiten Linksbogen zweifelte ich kurz an meiner Orientierung. Der Fluss wurde schmaler und verschwand zwischen Bäumen beiderseits im Nichts. War ich in einem Seitenarm mit Sackgasse gelandet? Eigentlich nicht möglich. Ich schwamm weiter und kam unbeschadet um die Kurve. Die zwei Schwäne kümmerten sich zum Glück nicht um mich und kurz darauf erreichte ich den Ausstieg. Hier war noch eine glitschige Rampe zu überwinden, dann stand ich zitternd und glücklich am Ziel meines „swim“.
Noch etwas benommen setze ich mich nieder und öffnete meinen Beutel. Ein Handtuch, ein Polohemd, ein Paar Schuhe: ein echter Luxus in dieser Situation! (Habe ich schon erwähnt, wie grandios dieser dry bag ist?) Leicht torkelnd machte ich mich auf den Rückweg ins Hotel. Nach ein paar Minuten war ich richtig in Schwung und nach einigen weiteren Minuten lief ich in gespielt lässiger Manier an den Kollegen vorbei ins Hotel. Ein heiße Dusche später gesellte ich mich zu ihnen und holte das Abendessen nach.

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Über Günter

Manager und Triathlet
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