How tough can you get?

Achim Seiter und sein Dirty Race sind ein Phänomen: egal, wie hart es im Vorjahr war, nach dem Rennen, das immer am letzten Samstag im Januar statt findet, sind sich alle einig, dass die Verhältnisse diesmal härter waren als je zuvor :-). Auch 2015 gab es wieder das „bisher härteste Dirty Race aller Zeiten“, Jörg ist mein Zeuge. Ehrenwort!

Ich war dieses Jahr zum neunten Mal dabei (ich hab extra nochmal die Startnummern gezählt). Das Wetter am Samstag war zwar winterlich-herrlich-traumhaft schön, aber zuvor hatte es zwei Wochen lang geregnet. In der Nacht vor dem Rennen kamen dann noch zwanzig Zentimeter Schnee runter. Mit Unterstützung des städtischen Bauhofs bekamen die Veranstalter den asphaltierten Teil der Strecke geräumt, wofür es vor dem Start einen verdienten Applaus gab. Der unbefestigte Part, und damit der größte Teil der Radstrecke, war aber mit Wasser vollgesogen wie ein Schwamm und nur zum Teil von Schneeresten bedeckt. Die Temperatur gegen Mittag lag knapp über Null und ich hatte wieder mal keine Ahnung, was ich anziehen sollte. Ich hatte zwar den ganzen Winter über trainiert, aber immer im Grundlagenbereich. Dazu täuschte die strahlende Sonne eine Temperatur vor, die es so in Echt nicht gab. Ich entschied mich für eine minimalistische Ausstattung im ersten Laufpart: ein Langarm-Unterhemd und ein gefüttertes Langarm-Laufshirt, beide mit Reißverschluss am Hals für die thermische Feinjustierung, dazu eine lange Laufhose. Schuhe an die Füße, Stirnband am Kopf, das sollte reichen. Am Rad deponierte ich noch eine dünne Jacke und dicke Handschuhe. Kurz vor dem Start lief ich mich ein paar Minuten warm. Wegen kalter Finger nahm ich dann doch noch dünne Unterziehhandschuhe zum Laufen. Zwei Minuten vor halb reihte ich mich hinten in die Startertraube ein. Die dampfenden Leiber der Ehrgeizigen, die sich intensiv aufgewärmt hatten, sorgten für einen ersten Hitzeschub. Vom Start weg ging es sportlich zur Sache und schon nach der Sportplatzrunde war mir zu warm in meinem gefütterten Hemd. Eine Zeit lang lief ich in der Nähe der offenbar sehr populären Elke, die alle 50 Meter angefeuert wurde. Nach drei Monaten GA1-Gezockel hatte ich vor dem Rennen schnell noch zwei Tempo-Einheiten angesetzt und versuchte nun, diese umzusetzen, im Sinne von (möglichst) sauberer Technik bei hoher Trittfrequenz. Das fühlte sich gar nicht mal schlecht an und auch die Steigung kam ich gut hoch. Hinten den Hügel runter war ich zwar weniger flott als gewünscht, aber auf der Flachstrecke zurück zur Wechselzone kam ich wieder in einen guten Rhythmus. Inzwischen war mir gut warm und ich beschloss, ohne Jacke zu radeln und auch nur ein Paar Handschuhe zu benutzen. Ich deponierte die dünnen Laufhandschuhe und die Jacke am Spielfeldrand, schnappte mir den Helm und die Radhandschuhe und zischte los. Auf den ersten paar hundert Metern fürchtete ich, der Verzicht auf die Jacke wäre ein Fehler gewesen, der Fahrtwind zog wie Hechtsuppe durch mein verschwitztes Trikot. Im weiteren Verlauf passte es aber, ich fror nicht aus. Nach einem flotten Antritt auf Asphalt ging es in den ersten Feldweg. Zwei tiefmatschige Rinnen und dazwischen ein matschiger Buckel mit Schneeresten standen zur Auswahl. Man probierte dies und das. Die Rinnen waren sogar recht gut befahrbar, unter dem ungewohnt dünnflüssigen Matsch war eine feste Schicht. Man musste nur gut die Spur halten, sowie das Vorderrad den Rand der Rinne berührte, kam man böse ins Schlingern. Die ersten kippten nach rechts und links, manch einer stellte sich unverhofft quer. Ich hatte hier Glück und kam zügig durch. Ich hatte Flachpedale und fuhr mit meinen Laufschuhen. Die Leute mit Klickpedalen hatten teilweise erhebliche Mühe beim Wiederanfahren nach einem Ausrutscher. Der Anstieg war steil wie immer, dafür schneefrei und sauber. Danach ging es durch Schmelzwasserrinnen hinüber zum Schlammloch. Auch hier hatte ich Glück, weder fiel ich selber um, noch fiel mir jemand vors Vorderrad. Nach der langen Abfahrt kamen noch ein paar haarige Stellen durch Matsch bergauf. Ich fuhr ungewöhnlich viel auf dem kleinen Kettenblatt. Dafür funzte die Gangschaltung dieses Jahr recht gut. Der Matsch war dünnflüssiger als in manchen Jahren zuvor und fror auch nicht in der Kassette fest. Auf ebenen Abschnitten testete ich, ob der Umwerfer noch freigängig war, auch hier kein Problem. Vor der Wiesenabfahrt senkte ich die Sattelstütze ab und fuhr verhalten runter, immer in der Sorge, entweder wegen zu viel oder zu wenig Bremsens wegzurutschen. Unten hatte ich dann kurz ein Problem mit der Sattelstütze, die nicht wieder ganz hochkam. Mit ein paar mal Pumpen war sie dann doch wieder da, wo sie hingehört. Die zweite Runde lief ebenfalls gut. Im Schlammloch hielt ich mich zuerst an eine Frau mit rosa Trikot, die sich als geschickte Pfadfinderin erwies (Danke dafür!), bis sie weit nach links ausholte. Ich hielt geradeaus, im vollen Vertrauen auf meinen Hinterreifen mit Traktorprofil (Schwalbe Albert). Auch der Nobby Nic auf dem Vorderrad hatte sich als gute Wahl erwiesen (im Vorjahr war der Albert zu dick für die Gabel gewesen). Kurz danach traf ich auch Elke wieder. Wie schon auf der Laufstrecke ließ ich mich von ihr ziehen (Danke auch an Elke!). In der letzten Abfahrt war ich schon erheblich mutiger als in der ersten Runde und ließ laufen, knapp an einem gestürzten Vordermann vorbei. Bei der Einfahrt in die Wechselzone ließ ich Elke, die irgendwie hinter mich geraten war, wieder vor. Ich deponierte Rad, Helm und Handschuhe und trabte los. Undank dem Wasser, das ich beim Radeln kräftig geschöpft hatte, wogen die Schuhe inzwischen zwei Kilo je Stück. Ein warmer Tee ausgangs der Wechselzone half mir darüber hinweg. DANKE AUCH AN ALLE HELFER, AUFPASSER, KAMPFRICHTER UND ALLE, DIE DIESES EVENT ERMÖGLICHT UND UNTERSTÜTZT HABEN! Auf der zweiten Laufrunde war ich langsamer als auf der ersten, trotzdem holte ich noch ein paar Plätze heraus. Immerhin begegnete ich auf dem Rückweg noch Leuten, die erst auf dem Hinweg waren. Nach 1:36:16 flog ich mit Angeberschrei durchs Ziel. Tee und Dusche waren in Reichweite und schon kurze Zeit später war ich wieder so hübsch, wie es eben geht.

Das Dirty Race 2015 ist vorbei, es war härter als alles zuvor. Mal sehen, was sich Achim für 2016 ausdenkt!

Werbung

Über Günter

Manager und Triathlet
Dieser Beitrag wurde unter Biking, Running abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu How tough can you get?

  1. Pingback: Zum Glück tuts weh! | Modou Fall

Kommentar verfassen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..